Psyche und Zähne

Psychosomatische Beschwerden haben zunehmend Einfluss auf die Mundgesundheit - das erklärt die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in ihrem neuen Positionspapier. Und appelliert an Zahnärztinnen und Zahnärzte, besonders auf den Zusammenhang von Psyche und Zähnen zu achten.
Beschwerden wie Depressionen, Alltagsstress, Ärger im Beruf sowie Schicksalsschläge wie Trennung und der Tod von Angehörigen sind häufig verantwortlich für die Angst vor der Behandlung oder eine unbefriedigende Zahnarzt-Patienten-Beziehung, so die BZÄK in ihrem Papier. Sie könnten sogar die gesamte Therapie zum Scheitern bringen. Kummer manifestiere sich aber auch direkt im Mundbereich: etwa durch eine Prothesenunverträglichkeit, Zungenbrennen, Pressen und Knirschen, Zahnfehlbelastungen oder durch ein Überstrapazieren der Kaumuskeln und angrenzender Muskelgruppen.

20 Prozent der Patienten in Zahnarztpraxen hätten Beschwerden, bei deren Auslösung und Verlauf psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen. 

In der Pandemie sind die Bruxismus-Zahlen noch mal gestiegen

Aus klinischen Beobachtungen sei auch abzulesen, dass Symptome von Bruxismus zunehmen – nicht zuletzt als stressbedingte Folgen der Pandemie, schreibt die BZÄK weiter.

Als Lösungsansatz empfiehlt die Bundeszahnärztekammer eine verstärkte Zusammenarbeit des Zahnarztes mit Ärzten, Psychotherapeuten und weiteren Gesundheitsberufen und weist auf Aufklärungsangebote für die breite Bevölkerung hin. Denn, so die BZÄK, die ganzheitliche Betrachtung des Patienten aus Sicht einer wissenschaftlichen und präventionsorientierten Zahn-, Mund-und Kieferheilkunde schließt nicht nur die organischen und körperlichen Faktoren, sondern auch das soziale Umfeld und psychische Faktoren mit ein.


Wenn die Seele Zahnschmerzen macht
Zahnschmerzen ohne körperlichen Befund oder nächtliches Zähneknirschen sind oft ein Hilferuf der Seele. Stress, Ängste oder unbewältigte innere Konflikte können Ursachen für solche psychosomatischen Beschwerden sein. 

Karies, freiliegende Zahnhälse, der Durchbruch von Kinder- oder Weisheitszähnen: All das kann richtig weh tun - höllisch sogar. Aber die Ursache ist in diesen Fällen meist schnell gefunden, weil man sie sehen und lokalisieren kann. Zahnschmerzen können aber auch auftreten, obwohl Zähne, Zahnfleisch und Kiefer völlig gesund sind. Dann strahlt der Schmerz von anderen Körperpartien in die besonders empfindliche Mundpartie aus: von einer entzündeten Nasennebenhöhle bei einer Erkältung im Winter; aus Richtung Ohr bei einer Mittelohrentzündung; und in seltenen Fällen sogar aus dem Brustkorb bei Herzerkrankungen. Als dritte Form existiert schließlich eine phantomhafte Sorte von Zahnschmerzen: Diese verursachen Leid, obwohl der Zahnarzt überhaupt keine körperlichen Ursachen feststellen kann.

Zahnprobleme können einem rund um die Uhr das Wohlbefinden rauben und einem aufs Gemüt schlagen. „Was viele nicht wissen: Das trifft auch umgekehrt zu“, heißt es in einer Infobroschüre der Zahnärztekammer Berlin zur psychosomatischen Form von Zahnschmerzen. „Wenn man im Alltag unter Druck steht oder von Ängsten geplagt ist, genervt von Problemen oder Überlastung, wenn man sich nicht mehr wohlfühlt – dann bekommen dies oft auch die Zähne zu spüren.“ Nicht umsonst habe der Volksmund einige treffende Weisheiten zum Thema Seele und Zähne hervorgebracht: verbissen an eine Aufgabe herangehen, sich durch ein Problem durchbeißen, oder tapfer die Zähne zusammenbeißen. Wenn Stress, Kummer oder Ängste zu lange verdrängt statt verdaut werden, kann es sein, dass sich die geplagte Psyche durch physische Beschwerden Gehör verschafft – zum Beispiel durch Schmerzen in den Zähnen.

Zähneknirschen gefährdet die Zahnsubstanz
Knirschen: Nicht bewältigte Stress-Situationen können zu Knirschen oder angespanntem Zusammenpressen der Zähne führen. Fast alle Menschen Knirschen gelegentlich mit den Zähnen.Dies geschieht meist unbewusst – tagsüber in Stressituationen, die an frühere erinnern, und nachts im Schlaf bei inneren Verarbeitung von inneren Themen und Problemen. Etwa fünf Prozent der Deutschen knirschen allerdings so stark, dass es die Zähne angreift. Erst werden die Höcker auf den Zähnen abgerieben, später der Zahn selbst. Zähne können sich lockern und ausfallen.

Die Muskeln im Mund gehören zu den stärksten im menschlichen Körper überhaupt. Beim Knirschen oder Zusammenpressen der Zähne werden enorme Kräfte frei. Auf den Backenzähnen kann hier leicht ein Druck von über 400 kg entstehen – das Zehnfache wie im Normalfall. Die Zahnwurzeln im Kiefer werden extrem belastet und drücken auf den Knochen, die Kaumuskulatur verspannt und verhärtet sich. Anhaltende Kiefergelenk-, Gesichts- oder Kopfschmerzen können die Folge sein. Bei einer zahnärztlichen Untersuchung wird man wahrscheinlich keine Ursachen finden. Die Zahnprobleme sind hier Folge, nicht Ursache der seelischen Verspannung.

Behandlungsmöglichkeiten: Zahnmedizinisch können die Zähne mit einer Kunststoff-Schiene geschützt werden, die nachts zwischen die Zahnreihen von Ober- und Unterkiefer gesteckt wird. 

Stress und seine Folgen für die Mundgesundheit
Stress reduziert die Speichelproduktion, die Remineralisation der Zähne verändert sich. Die Zähne werden dadurch anfälliger für Karies. Durch die verminderte Speichelproduktion steht auch weniger Immunglobulin A (Antikörper) zur Verfügung, dadurch entstehen leichter Entzündungen (zum Beispiel am Zahnfleisch). Gleichzeitig steigt der Anteil eines Immunbestandteils (Interleukin- 1Beta) an, der die Knochenzerstörung fördert und zu Parodontose führen kann.

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